Elektroautos sind längst alltäglich, und meist gleiten sie vergleichsweise geräuscharm über unsere Straßen. Elektrisch angetriebene Formel-4-Wagen dagegen kommen nicht auf leisen Sohlen daher – im Gegenteil. Wenn sie mit über 200 Kilometern pro Stunde an den Zuschauern vorbeirasen, rauscht, zischt und sirrt es so lautstark, dass man kaum sein eigenes Wort versteht. Es ist, als befände man sich in einem Science-Fiction-Film mit einem Schwarm Raumschiffe im Anflug.
Zolder in Belgien ist ein guter Ort, um das zu erleben. Hier, an der berühmten Rennstrecke, ist die Heimat der ERA, der Electric Racing Academy. Sie veranstaltet die erste vollelektrische Junior-Rennserie der Welt, die sich an Nachwuchsfahrerinnen und -fahrer richtet. Gegründet wurde sie 2020 von Beth Georgiou, Dieter Vanswijgenhoven und Rudi Penders. ERA ist angetreten, offener, nachhaltiger und vor allem vernetzter zu sein als die etablierten Verbrennerserien. Im Sommer 2022 startete die erste Saison, unterstützt von der Software AG. Die Autos sind die ersten ihrer Art und gut bestückt mit moderner Technologie. Jedes hat seinen eigenen 4G-Hotspot, in Zukunft ist auch 5G vorgesehen.
Die ERA geht nicht nur auf dem Asphalt neue Wege. Auch das Backoffice setzt mit der umfassenden IoT-Verknüpfung der Fahrzeuge auf die neueste Technologie. „Dank Cumulocity IoT können wir viele technische Daten des Autos in Echtzeit sehen, zum Beispiel die Temperatur des Motors oder die Spannung der Batterie“, sagt Lucas Strackerjan, technischer Leiter der ERA. Zusätzlich werden Daten über den Fahrer erhoben, seine Herzfrequenz etwa, und diese Daten lassen sich wiederum mit anderen Informationen wie der Streckenführung oder der Außentemperatur in Beziehung setzen.
Die Möglichkeiten, das Renngeschehen auf diese Weise immer besser zu analysieren und dieses Wissen zum eigenen Vorteil zu nutzen, sind immens. Rennteams können ihre Strategie permanent mit den aktuellen IoT-Daten abgleichen, sie situativ anpassen und sich damit einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Lucas Strackerjan erklärt: „Wir befinden uns auf der ersten Stufe eines Prozesses, der mindestens zehn Stufen umfasst, um mehr Konnektivität und Echtzeitinformationen zu erhalten, sie zu analysieren, zu nutzen und mit anderen zu teilen.“
Lucas Strackerjan
Technischer Leiter
ERA
Richard Morris
Britischer Rennfahrer
Beth Georgiou
Mitgründerin und Geschäftsführerin
ERA
Je mehr Informationen ein Fahrer erhalte, desto besser könne er sein Fahrgefühl einschätzen und entscheiden, was er in welcher Situation oder im nächsten Rennen tun muss, ist sich Richard Morris sicher. „Außerdem kann ich auf Basis der Daten im Nachgang ein detailliertes Gespräch mit meinem Mechaniker führen, und wir beide verstehen besser, was passiert und was getan werden muss, um in Zukunft noch schneller zu sein.“
Konnektivität ist auch im Rennsport ein Innovationstreiber. „Und die Reise hat gerade erst begonnen“, sagt Geschäftsführerin Beth Georgiou. „Ich bin davon überzeugt, dass wir wirklich positive Veränderungen im Motorsport anstoßen können, wenn es um IoT-Innovationen, Nachhaltigkeit und Diversität geht“, sagt die Britin, die unweit der englischen Rennstrecke Silverstone aufgewachsen ist und Autorennen liebt, seit sie denken kann. Der Anfang ist gemacht. Nun geht es für die ERA darum, das Konzept in Europa groß zu machen und danach die Serie auf anderen Kontinenten zu etablieren.