Wie digital ist Ihr Rückgrat?
            

Die CO2-Emissionen und der Energieverbrauch in der Industrie müssen rasch und nachdrücklich sinken. Aber, wie geht das? Die ETA-Fabrik der Technischen Universität Darmstadt und die Software AG erforschen Antworten.

Erderwärmung, steigende Energiepreise und anspruchsvolle Gesetze setzen die Industrie unter Druck. Die Ressourcen in der Produktion gezielter, flexibler und sparsamer einzusetzen, und zwar permanent, steht auf den Agenden vieler Unternehmen deshalb weit oben. Die große Frage ist nur, wie man diese Anforderungen in einer Produktionshalle Realität werden lassen kann.

Genau das erforschen Matthias Weigold und sein Team aus 20 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern vom Institut für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen an der Technischen Universität Darmstadt. In der eigens konzipierten ETA-Fabrik auf dem Campus – ETA steht für „Energietechnologien und Anwendungen in der Produktion“ – ermitteln sie seit drei Jahren unter realistischen Bedingungen, was konkret nötig und sinnvoll ist, um die industrielle Produktion Schritt für Schritt CO2-neutral zu machen. Die Software AG ist Forschungspartner.

„Wir haben zum Beispiel eine Prozesskette mit unterschiedlichen Maschinen installiert“, sagt Matthias Weigold, Leiter des Instituts für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen an der TU. Gefertigt wird hier eine Steuerplatte, wie sie etwa im Maschinen-oder Automobilbau verwendet wird. Drehen, Bohren, Reinigen, Wärmebehandlung, Schleifen und wiederum Reinigen: Am Ende laufen handtellergroße silberne Stahlscheiben vom Band.

Daten sind der Schlüssel

Alle Schritte werden akribisch überwacht und optimiert – digital, in Echtzeit und stets mit Blick auf die Energie- und Ressourceneffizienz. Laufend werden Daten von rund 3.000 Datenpunkten erhoben, gespeichert und analysiert. „Verbessern lässt sich etwas nur, wenn man es kontinuierlich misst, und messen bedeutet, Daten zu erheben“, sagt Stefan Sigg, Chief Product Officer der Software AG. „In der ETA-Fabrik sind unsere Produkte installiert und via IoT mit Maschinen und Komponenten vernetzt. Sie bilden das digitale Rückgrat, um ein lückenloses Monitoring und, darauf aufbauend, eine Verbesserung der Steuerplatten-Fertigung zu ermöglichen.“

Die Bandbreite der erhobenen Daten reicht vom Stromverbrauch über Leistung und Drehzahl der Maschinen bis hin zum Wasserverbrauch, dem Schleifdruck und den Kennzahlen des Kühlsystems oder der Hydraulik. „Sobald die Daten vorliegen, kommt der spannende Teil“, sagt Stefan Sigg. „Wir wenden Process Mining auf die Realität der Produktion in der Fabrik an, und könnten dies sogar bis auf die Lieferkette und damit auf wirklich strategische Bereiche eines industriellen Unternehmens ausweiten.“

Process Mining macht das Optimierungspotenzial sichtbar

Das Ergebnis im Projekt: Die Prozessanalyse liefert eine Antwort auf die Frage, ob es einen Unterschied macht, wann das Schleifen erfolgt ­-  vor oder nach der Wärmebehandlung? Bei dem ursprünglichen Verfahren wurde das Schleifen nach der Wärmebehandlung durchgeführt. Aber eigentlich ist es effizienter, es andersherum zu machen. Mittels Process Mining lässt sich das belegen, und es lässt sich ein alternativer, besserer Ablauf modellieren. Setzt man dieses digitale Modell in die Praxis um, sind die Weichen gestellt, um den Stromverbrauch zu senken und einen höheren Anteil der Abwärme zu nutzen.

„Aus Sicht der Anwender finde ich es wichtig festzuhalten, dass sie sich bei einem solchen System nicht einseitig zwischen Build oder Buy entscheiden müssen“, sagt Stefan Sigg. Auf den verschiedenen Architekturebenen gibt es unterschiedliche Anwendungen, die ein Unternehmen individuell, je nach Bedarf und Ziel, einsetzen kann. „Mein Rat lautet: Build AND buy -- Kaufen Sie das Grundgerüst, das digitale Rückgrat, und bauen Sie darauf auf, was für Ihr Unternehmen zielführend ist.“

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